AW: Oslo....der Irrsinn
Auch ich bin geschockt von dem, was in Norwegen geschah.
Die Bilder in den Nachrichten ließen Schreckliches erahnen als das ganze Ausmaß noch nicht feststand.
So ein Massaker ... das Werk eines einzelnen ... unfaßbar!
Was ich bis gestern Vormittag nicht wußte ist, dass meine Familie betroffen war.
Mein Bruder rief mich Sonntagvormittag an und kündigte seinen Kurzbesuch bei mir an.
Er wollte sich nur vergewissern, ob wir auch zu Hause sind.
Nun wohnt er nicht eben mal um die Ecke, sondern bei Greifswald ... das sind etwas mehr als 170 km ... da fährt man nicht einfach mal so los, um bei der Schwester Kaffee zu trinken.
Als ich ihn nach dem Grund seines Besuches fragte, meinte er, dass das Wetter mies ist und er und seine Frau keinen Bock haben, irgendetwas am Haus oder im Garten zu tun.
So gegen 14.00 Uhr standen dann beide mit ernstem Gesicht vor mir und ich wußte, dass da was nicht stimmt.
Bei einer Tasse Kaffee eröffneten sie uns, dass ihr Sohn mit seiner Freundin in Oslo im Urlaub war .. sie einige Tage auf dem Campingplatz Utvika waren, der sich ganz in der Nähe des Ferienlagers befindet.
Da es der Freundin aber sehr schlecht ging und sie einen Magen-Darm-Virus vermuteten, packten sie ihr Zelt zusammen und fuhren nach Oslo, um einen Arzt aufzusuchen.
Sie hatten sowieso von Donnerstag bis Sonntag ein Hotelzimmer in Oslo gebucht.
Nach dem Besuch beim Allgemeinmediziner (es war kein Magen-Darm-Virus) wurden sie noch zu einem Facharzt geschickt, der erst am Freitag einen Termin für sie hatte, da es schon später Donnerstagnachmittag war.
Die beiden waren glücklich beim Verlassen der Praxis, weil die Frauenärztin ihnen sagte, dass sie in der 8. Woche schwanger ist und daher das Unwohlsein und Erbrechen kommt.
Dann sind sie Eis essen gegangen und schlenderten durch die Stadt, schmiedeten Pläne und überlegten, wie sie es am besten meinem Bruder und meiner Schwägerin (ihre Eltern leben nicht mehr) beibringen, die ja schon lange auf Nachwuchs der Beiden warten.
Plötzlich ein lauter Knall, die Erde schwankt, Menschen schreien und das Geräusch von zersplitterndem Glas.
Die Zwei laufen aufgeregt in die Richtung und können grad noch Schutz in einem Hauseingang finden, als es erneut knallt.
Sie sehen Menschen mit Verletzungen und um Hilfe rufend umherirren, Qualm aus einem Gebäude steigen und wissen in dem Moment nicht, wo sie sich befinden.
In Panik laufen sie weg ... machen sich später Vorwürfe, dass sie nicht geholfen haben, schauen auf den Stadtplan und suchen ihr Hotel.
Dort angekommen, erfahren sie vom Bombenanschlag und rufen bei meinem Bruder an.
Der hat davon noch nichts mitbekommen, fragt aber gleich, wann ihre Fähre von Oslo zurückgeht.
Eigentlich wollten sie erst am Sonntag von Oslo nach Kiel fahren, aber buchten sofort schon für Samstag die Heimreise.
Samstag sind dann mein Bruder und seine Frau sofort nach Hamburg gefahren, um sich zu überzeugen, dass alles mit ihnen in Ordnung ist.
Und dann gab es die schöne Überraschung ... Schwiegertochter in spe ist schwanger.
Da standen den zukünftigen Großeltern die Tränen in den Augen ... vor Freude und Entspannung.
Es hätte nicht viel gefehlt und die werdenden Eltern wären direkt in den Bombenanschlag geraten.
Als sie dann auch noch erfahren mußten, dass das Massaker in dem Ferienlager nahe ihrem Campingplatz über 80 jungen Leuten den Tod brachte, waren sie fix und fertig mit den Nerven.
Aus dem Grund wollte und mußte mein Bruder zu mir kommen ... nicht mal nebenbei von zu Hause auf einen Kaffee bei seiner Schwester ... sondern auf dem Rückweg von Hamburg zu sich nach Hause.
Meine Schwägerin sagte dann, dass sie demnächst (wenn das Kind geboren ist) in Enkelzeit geht.
Es ist das 1. Enkelkind meines Bruders ... und natürlich seiner Frau.
Nun darf ich dann auch bald zu ihm "Opa" sagen.
Die Gedanken dabei gingen an die Eltern derer, die der Attentäter getötet hat ... dass diese Eltern nie Oma und Opa ihres Kindes werden dürfen, weil ein Verrückter ihnen das Leben nahm ... auf eine ganz heimtückische und niederträchtige Weise.
Die Höchststrafe des norwegischen Gesetzes ist wahrscheinlich nicht genug für die Tat, die er angerichtet hat und für jeden Getöteten lebenslänglich ist leider nicht umsetzbar.