Braucht man am Anfang einen Gitarrenlehrer um Gitarre spielen zu lernen?

Alexandra

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Die Gitarre gehört wohl zu den populären Instrumenten, bei denen man auch gut und schnell Fortschritte erreichen kann, ohne dass man zwingend Unterricht genommen haben muss. Also das passende autodidaktische Instrument. Es stellt sich halt nur die Frage ob dieser Weg wirklich so gut ist oder ob man nicht besser Unterricht nimmt? Immerhin gibt es ja das Internet mit zahlreichen Texten und Videos und fast alles ist dort kostenlos. Ebenso gibt es auch Bücher mit denen man sich das Gitarre-Spielen beibringen kann. So kann man sich also auch preiswert alles beibringen, wofür man für einen Lehrer teures Geld ausgeben würde oder dass man sich nicht so frei entwickeln mit einem Gitarrenlehrer könnte usw.

Aber ist dem wirklich so?

Hier ein paar Gedankengänge zu diesem Thema.

Einige befürchten, dass ein Lehrer sie zu sehr beeinflussen würde und sie dann nur am Stil des Gitarrenlehrers hängen blieben würden. Man sollte sich jedoch fragen, ob man zum Beispiel tatsächlich im selben Stil ließt und schreibt, wie man es einem vom eigenem Deutschlehrer beigebracht wurde? Glaubt jemand ernsthaft Bach, Beethoven und Mozart haben den Stil ihrer Lehrer übernommen?
Sicher ist aber, dass man ohne Lese- und Schreibunterricht, große Schwierigkeiten bei diesen beiden Disziplinen hätte, falls man es überhaupt könnte und man wohl von oben genannten Komponisten nie etwas gehört hätte, wenn sie keine Lehrer gehabt hätten. Lehrer können hier auch durchaus die Eltern sein.

Es ist sicher weniger produktiv, wenn man das Rad neu erfinden muß, anstelle es von einem Lehrer effizient gezeigt zu bekommen. Denn Videos im Internet sind in der Regel ein Einweg-Medium, bei dem man nur konsumiert. Der Unterricht mit einem Lehrer dagegen ist eine kommunikative, interagierende Sitzung bei der Informationsfluss und Kontrolle in beide Richtungen laufen.
Und es steht bei weitem nicht alles im Internet und bei weitem kann man nicht was im Internet steht auch individuell umsetzen.
Ein Lehrer kann individuell auf den Schüler eingehen und Fehler im Ansatz erkennen und korrigieren. Er kann bekannte Lehrmethoden und Techniken einsetzen usw.

Achtet einfach mal bei anderen Disziplinen um und dann werdet ihr erkennen, dass nur ein verschwindent kleiner Teil ohne Lehrer es geschaft haben sich Dinge selber so gut beizubringen, wie es andere mit Lehrern schaffen. Und dabei mußten diejenigen ein vielfaches mehr an Arbeit auf sich nehmen. Alles andere ist ein Trugbild.

Ich frage mich da z.B. im Bereich der Klassik, ob und wenn überhaupt, wie klein der Prozentsatzt derer ist, die es wirklich ohne jeglichen Unterricht geschaft haben in dieser Kathegorie, Gitarre richtig ohne jegliche Hilfe/Unterricht zu erlernen, so dass diese auch soweit namentlich bekannt sind. Also Gitarrenspieler, die in der Klassik echte Autodidakten sind und sich aber durch ihr selbsterlerntes Gitarrenspiel einen Ruf gemacht haben. Mir ist da nämlich niemand bekannt. Und mir wäre auch nicht klar, wie man dies ohne Unterricht erreichen könnte.
Auch bei Stilen wie den Flamenco, kenne ich ebenfalls keinen, der nicht irgendwo schon vorher Unterricht, bei Familie oder einem Meister genossen hätte und erst darauf hin sich selbst weiterentwickeln konnte.

Klassik, Jazz usw. sind keine Grenzgebiete und hat wenig mit Genie usw. zu tun, aber diese Leute sind schon eine andere Liga als Powerchords greifen und Skalen nachspielen. Und nicht ohne Grund, haben sich in den letzten Jahrzehnten viele Rockgitarristen in diesen Bereichen gewandelt und es befinden sich viele Notenfeste, Stilübergreifende und von guten Lehrern ausgebildete Gitarristen darunter.
Und mal ganz im Ernst, will man etwas richtig machen, dann sollte man es auch richtig durchziehen. Ich geh auch nicht bei einer Viruserkrankung zu einem Quacksalber, der sich so Einiges nebenbei beigebracht hat, sondern da geh ich zzu einem echtem Arzt, der das gelernt hat. Und das mit gutem Grund!

Man sollte auch nicht Genialität mit Lernmethoden verwechseln. Es geht hier nicht um jenen verschwindent geringen Teil, der es trotzdem geschaft hat. Möchte nicht wissen, wie man Kinder erziehen möchte mit den Worten: "Kinder lasst die Schule, ihr braucht kein Unterricht, es gibt ja genug Beispiele, wo es Leute ohne etwas zu lernen, zu etwas gebracht haben!"

Aber sicher, jeder darf für sich die eigenen Grenzen seines zukünftigen Gitarrenspiels selbst definieren und so versteht jeder unter "gut Gitarre spielen" etwas anderes.

Bist du Notenfest? Wie schnell könntest du in einer TOP40 und Galaband als Gitarrist einsteigen, wenn überhaupt? Welche Stilrichtungen hast du drauf? Welche Stilrichtung hast du wirklich gut drauf? Wo und wie spielst du "normal" Gitarre? Hier trennt sich oft schon schnell die Spreu vom Weizen.

Denn auch Gitarristen sind Künstler. Also wenn wir schon von "Künstlern" sprechen, dann kann ich sagen, dass viele der großen Künstler (egal welche Fachrichtung) meißtens naturgemäß ihr Fachgebiet haben oder ihre eigene Königsdisziplin erfunden haben. Nebenbei waren diese Künslter aber auch Fachübergreifend fast schon Meister und haben sich auch für das große künstlerische Umfeld interressiert.

Schau dir einen Künstler wie Dali an. Mann kennt ihn zum Teil nur für seine surrealistischen Bilder, aber der Mann beherschte eine vielfalt an Stilen und war noch inderdiziplinar unterwegs mit Film, Musik usw.

Bei dem Instrumet Gitarre ist es nun doch sehr schwer zu sagen, was "normal" ist und was "gut dabei sein" bedeutet. Jedoch können die Musiker in besagten Top40 und Galabands viele Stilrichtungen spielen und decken daher den größtmöglichen Bereich an "normal" ab und sind ohne Zweifel auch überall "gut dabei".

Solche Musiker müssen nicht Experten sein und Cracks, aber sie haben ausreichend Grundkenntnisse und Erffahrung um eben musikalisch "normal" und "gut dabei sein" zu können.

Aber es geht ansonsten nach wie vor um die Lernmethode und da ist es egal um was es sich handelt, da ist ein qualifizierter Unterricht immer hilfreicher und effektiver!

Pädagogik ist jetzt wiederum ein anderes Thema. Nicht jeder Lehrer ist ein guter Pädagoge, dass wird hier wohl keiner bestreiten wollen.
Aber auch die Schülerseite ist nicht zu verachten. Schüler die nicht üben und denen jegliche Moivation fehlt. Und Motivation ist etwas, dass kann zwar ein Lehrer wecken, aber dazu muß auch der Schüler selbst bereit sein.
Wenn man an der Uni studiert, kann man sich meißtens nicht den Prof aussuchen und muß mit seinen Lehrmethoden klarkommen und den Stoff so hinnehmen und durchpauken. Dazu gehört natürlich dabei sein, zu Hause alles nacharbeiten, Literatur besorgen und durchpauken. Aber die teilnehmenden Studenten habe da natürlich die Motivation, den Schein zu bekommen.

Die Schüler, Lehrer Seite, hängt immer von beiden Seiten ab, aber sie ist die bewährdeste Methode.

Musikalische Vielfalt ist etwas Bereicherndes. Wenige die meinen viel gespielt zu haben, haben auch wirklich vielfältig Musik gespielt. Lateinamerikanischen Sachen wie Rumba, Salza, Tango usw. dann Jazz mit seinen vielen Facetten, Reggea, Klassik, Volksmusik und Schlager verschiedenster Nationen. Viele Gitarrenspieler die man kennt, haben höchstens Volk, Rock, Pop und Punk Sachen drauf und das auch auch nur rudimentär. Wer da sagt er ist vielfältig, der betrügt sich selbst. Man sollte einfach mal etwas die Augen und Ohren auf halten und in die Welt hinein hören in der man lebt. Die besteht nämlich nicht aus den Sendern und Charts die man hier zu Lande vorserviert bekommt.

Und am Rande gebe ich euch mal den Rat, eines der gemeinsamen Konzerte von Paco de Lucia, John McLaughlin und Al Di Meola anzuhören oder besser noch, anzuschauen, bevor man generell gewisse Musikarten als Scheiße bezeichnest und sie als Randgruppen abstempelst.

Viele kennen den Unterschied nicht zwischen Akkorden und Griffe. Da fängt es aber schon an mit der Harmonielehre, denn wenn man die Akkorde kennst, braucht man nirgends mehr nachzuschauen, sondern kannst sie sich an jeder Stelle auf dem Griffbrett und bei jeder Stimmung der Gitarre, selber zusammen basteln. Wer hier nur die Griffe kennt, wird je nach Stimmung der Gitarre sein blaues Wunder erleben.

Vor längerer Zeit sah ich mal eine Reportage über eine Punkband, wo der Gitarrist gerade mal ein paar Monate Gitarre spielte und meinte den langeingesessenen Gitarristen in der Musikwelt überlegen zu sein, weil er ja nicht so auf die Technik achten müsse, da er die ja nicht so drauf hat und daher mit viel mehr Gefühl spielen würde... Einbildung ist für einige halt die einzige Bildung!

Abschließen kann ich nur sagen, mann kann sich durchaus einiges selbst beibringen. Aber in der Regel geht das alles mit einem guten Lehrer besser und schneller.
 
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