Wird Demokratie richtig erklärt?

Lucas

Aktives Mitglied
Hallo

In meiner Schulzeit (Hauptschule, Berufsschule 60+70er-Jahre) hat man uns erklärt wie Demokratie funktioniert.
Mehrheitsentscheidungen, etc.
Was es aber bedeutet in einer Demokratie zu leben habe ich nicht gelernt.

Man hätte mir sagen können das es auch in einer Demokratie nie gerecht zugeht.
Das es dort Unfähige Lügner und Populisten gibt,
das es dort Interessen der verschiedensten Lobbyisten gibt die Einfluß auf Abgeordnete ausüben, etc,
das Entscheidungswege in einer Demokratie lange oder auch sehr lange sein können, etc.

Was man mir aber auf jeden Fall sagen hätte müssen wäre gewesen,
daß in einer Demokratie der Konfliktfall der Normalfall ist.

Wundert es nicht wenn sich Leute von der Demokratie enttäuscht abwenden
und das Heil in Ideologien oder religiösen Anschauungen suchen weil auf demokratischen Weg
Probleme nicht gut oder schnell gelößt werden?

Wie steht ein Realpolitiker oder Pragmatiker gegen einen charismatischen Führer da,
wenn eine einfache Ideologie oder Passage aus einer Heiligen Schrift verbreitet wird?

Sollte man nicht Heranwachsende versuchen davon zu überzeugen das Demokratien mit einer längeren Tradition in der Regel das Günstigste für das Volk sind?
Sollte man nicht aufzeigen wie viel eine Demokratie aushalten kann,
all die Krisen anführen die überstanden wurden,
und auch darauf hinweisen das Demokratien mit langer Tradition, auch solche Leute tolerieren und überstehen
die sie nutzen und dann abschaffen wollen?

Wäre es nicht gut wenn man Leute erreichen könnte die als Protestwähler Radikale wählen, um Denkzettel zu verteilen,
ihnen das Wesen der Demokratie noch mal zu erläutern, und an deren Toleranz appelieren?

Im Laufe meines Lebens in dem ich immer für Demokratie war, hat sich meine Wertschätzung ihr gegenüber immer mehr verbessert,
aber die Einsicht das der Konfliktfall eigentlich der Normalfall ist, hat sich erst spät ergeben.
Kompromisse und pragmatische Lösungen habe zuvor ich als schlechte Arbeit empfunden.

Muß man den Leuten nicht sagen:
"In einer Demokratie wirst du nie zufrieden sein, aber es ist das beste was wir kennen."

Kann man so nicht Radikalisierung und religiösen Fundamentalismus entgegenwirken?

Gruß
 
G

Gast4188

Guest
Demokratie heißt „Herrschaft des Staatsvolks“.
Wir haben aber keine Demokratie sondern wir dürfen nur alle 4 Jahre aus einer kleinen Gruppe Williger unsere Henker wählen.
Das nennen wir dann parlamentarische Demokratie, die aber mit echter Demokratie nichts zu tun hat.

In der parlamentarische Demokratie ist es möglich, die Freiheitsrechte des Staatsvolkes enzuschränken, ohne dass das Staatsvolk irgend etwas dagegen unternehmen könnte. Oder die Einführung von CETA und TTIP. Hier wird die Abschaffung der Reste unserer Demokratie zu Lasten des Staatsvolks durchgesetzt. Was daran „Herrschaft des Staatsvolks“ sein soll muss mir mal jemand erklären
 

Babel

Aktives Mitglied
Menschen sind einfach zu unvollkommen.

Da jeder seine eigene Meinung (gute, böse, richtige, falsche, ....) hat, wie soll all diese unter einem Hut gebracht werden ?!
Böse ist jedenfalls falsch, aber "zu gute" kann auch ins Gegenteil ausschlagen. :arghh:

Menschen sind einfach zu unvollkommen.
 

Lucas

Aktives Mitglied
Demokratie heißt „Herrschaft des Staatsvolks“.
Wir haben aber keine Demokratie sondern wir dürfen nur alle 4 Jahre aus einer kleinen Gruppe Williger unsere Henker wählen.
Das nennen wir dann parlamentarische Demokratie, die aber mit echter Demokratie nichts zu tun hat.
Das mit der Wahl alle 4 Jahre ist ja schon was.
Ob der Bürger öfters mitbestimmen will ist fraglich.
(Vereinzelte Themen wie TTIP bereiten eben Unbehagen.
Hier wird eine mangelnde Transparenz beklagt.
Es gibt da aber auch eindeutige Stellungnahmen von Gabriel und Schulz,
die besagen das eine Verschlechterung für Verbraucher nicht hingenommen werden.
Man könnte aber auch noch schauen wie sich die SPD-Basis vehält und so was befürwortet.)

Wenn man die momentan übliche Demokratie als undemokratisch ablehnt, was wären denn die Alternativen?
Räte-Republick o.ä.?
Ich habe mich fast bei allen Volksbegehren die es bei uns gab eingetragen.
So was interessiert fast keinen.
Nicht einmal die Raucher sind verstärkt da hin gegangen, was bedeutet hat das Kneipen jetzt zu sind,
oder sie in den gebliebenen immer vor die Tür müssen.

Die Themen sind oft auch zu schwierig, Bankenrettung, Griechenland-Rettungspakete, Asyl, Bundeswehreinsätze, ......
Ich erinere mich an einen Bürgerentscheid, bei dem ich am Tag einer Landtagswahl mit abstimmen sollte.
Der Rathaussaal sollte wieder so ausgemalt werden wie es von Dürer mal geschehen ist.
Da sollten 9 Millionen € ausgegeben werden.
Das wäre auch eine Investition in den Tourismus in meiner Heimatstadt Nürnberg gewesen.
Man hat mir zusammen mit den Landtagswahl-Unterlagen den Abstimmungs-Vordruck ausgehändigt,
worauf ich erklärt habe das ich mich da nicht beteiligen möchte.

Wenn ich damit schon überfordert bin ob meine Stadt für 9 Millionen einen Rathaussall ausmalen lassen soll oder nicht,
wenn ich nicht weiß was man so für die Kultur interessierter Bürger und für den Tourismus ausgeben soll,
wie soll ich mich dann da entscheiden?
Soll ich mich extra schlau machen über den Etat meiner Stadt, und über die Beträge die sonst für Kultur ausgegeben werden?
Irgendwo habe ich meine Grenzen, irgendwo mache ich einen Schnitt und überlasse das den Stadträten.
Mein Bürgerentscheid wäre beliebig gewesen.

Auch kann man als Bürger schnell gegen Bankenrettung sein.
Es ist aber insgesammt ein unangenehmes Thema.
Da geht Lehman pleite und das Wirtschaftswachstum in Deutschland sinkt von +2% auf -3%.
Kann ich die Folgen erkennen die ein Unterlassen der dt. Bankenrettung bedeutet hätten?
Natürlich bin ich gegen eine höhere Staatsverschuldung.
Aber gegen etwas zu sein lößt doch auch nichts.

Es gibt für viele Sachen gute Gründe dafür und auch dagegen.
Aber woher soll der Bürger wissen welche Folgen ein Ja oder Nein hat.
Wir brauchen gewählte Volksvertreter.
Diese müssen entweder selbst Ahnung haben, und/oder sich von kundigen Leuten beraten lassen.

Die Alternativen können nicht romantische Vorstellungen von demokratischen Gestaltungsvorgängen sein.
Solche müssten sich dann innerhalb einer wachsenden Struktur etablieren.
Die gewachsene Struktur wäre das was sicher und belastbar ist.
Man kann den Bürger nicht in jede Entscheidungsfindung mit einbeziehen.
Als Wähler brauchen wir anschließend stabile Regierungen.
So schlecht läuft das in Deutschland nicht das man hier einen erheblichen Änderungsbdarf erkennen kann.
 
G

Gast4188

Guest
Ob der Bürger öfters mitbestimmen will ist fraglich.
Diese Frage stellt sich doch gar nicht. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es keine Möglichkeit (ausser Art. 29) der direkten Mitbestimmung durch das Staatsvolk.
Ich bin ganz sicher, dass das Staatsvolk zu manchen Fragen gerne befragt worden wäre, aber Demokratie glänzt in diesem Lande durch Abwesenheit.
Es gibt für viele Sachen gute Gründe dafür und auch dagegen. Aber woher soll der Bürger wissen welche Folgen ein Ja oder Nein hat....
Hier wedelt der Schwanz mit dem Hund. Es ist die verdammte Pflicht unserer Staatsdiener, ihrem Souverän zu erklären was da gerade so getrieben wird. Und wenn sie das nicht können, z. b. weil sie sich die Gesetze, die sie selber nicht verstehen, von Lobbyisten in die Feder haben diktieren lassen, dann gehören sie in die Wüste gejagt.

Wie sagte Volker Pispers so schön: Was glaubt ihr was hier los wäre, wenn alle wüssten, was hier los ist?

Man kann den Bürger nicht in jede Entscheidungsfindung mit einbeziehen.
Kein Mensch will über die Hackfleischverordnung mitbestimmen. Aber die Möglichkeit in wichtige Entscheidungen eingreifen zu können, sollte die Demokratie schon vorsehen. Schon vergessen: Wir sind das Volk!
 
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