Monika Böttcher, ehemals Weimar

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Monika Böttcher frei
Spektakulärer „Fall Weimar“: Monika Böttcher frei
| 19.08.06, 20:48 |

Fast genau 20 Jahre nach der Tötung ihrer beiden Töchter ist die wegen Mordes verurteilte Monika Böttcher, geschiedene Weimar, aus der Haft entlassen worden.

Das bestätigte ihr Anwalt Gerhard Strate am Samstagabend in Hamburg. Der „Fall Weimar“ um den Mord an der fünfjährigen Karola und der siebenjährigen Melanie war eines der längsten und spektakulärsten Indizien-Verfahren der deutschen Rechtsgeschichte. Böttcher saß exakt 15 Jahre in Haft.

Strate sagte, seine Mandantin lebe zurückgezogen in Frankfurt/Main und wolle sich „gegenüber niemandem äußern“, um zur Ruhe zu kommen. „Es gibt jetzt auch keine Exklusivverträge mit irgendwelchen Medien“, versicherte der Anwalt. Monika Böttcher habe während ihrer Haft eine Ausbildung gemacht und arbeite nun auch in diesem Beruf.

Die Haftentlassung nach exakt 15 Jahren gehe auf eine Anfang August getroffene Entscheidung der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Frankfurt/Main zurück. Die Staatsanwaltschaft habe keine Beschwerde dagegen eingelegt. Im Moment ist nach den Worten Strates kein Wiederaufnahmegesuch geplant.

Monika Böttcher beschuldigte Ehemann

Kaum ein Kriminalfall hat die Öffentlichkeit so gespalten wie der Doppelmord im osthessischen Philippsthal Anfang August 1986. Das Verfahren mit seinen drei Prozessen dauerte von 1986 bis 2000. Immer wieder wurden von der Verteidigung Zweifel an der Schuld der Angeklagten angemeldet. Sie selbst hatte ihren damaligen Mann der Tat bezichtigt. Die Frage „Sie oder er?“ wurde auch in den Medien immer neu diskutiert.

Im August 2000 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe dann die vom Landgericht Frankfurt/Main verhängte lebenslange Strafe endgültig bestätigt. Eine Revision wurde verworfen. Zu diesem Zeitpunkt war Monika Böttcher – wie sie nach Scheidung und Rückkehr zu ihrem Mädchennamen heißt – schon zwei Mal verurteilt und ein Mal freigesprochen worden. Außerdem hatte sie bereits neun Jahre im Gefängnis verbracht.

Keine „besondere Schwere der Schuld“

Die vorzeitige Freilassung nach 15 Haftjahren wurde möglich, weil die Frankfurter Richter in ihrem Spruch keine „besondere Schwere der Schuld“ festgestellt hatten. Bei besonders schwerer Schuld darf nicht bereits nach 15 Jahren überprüft werden, ob die Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt wird.

Der Fall begann am 4. August 1986, als die damalige Monika Weimar ihre Töchter als vermisst meldete. Sie seien aus dem Sandkasten verschwunden, hieß es. Der erste Verdacht der Polizei richtete sich gegen die Eltern, vor allem die Mutter. Am 7. August fand man die Mädchenleichen. Ende August, also rund drei Wochen später, wurde Monika Weimar als Beschuldigte angehört und festgenommen. In der Haft beschuldigte sie am 29. August 1986 erstmals ihren damaligen Ehemann der Taten: Sie berichtete, sie habe die Mädchen bereits tot in ihren Betten gefunden, der Ehemann habe die Kinder mit dem Auto weggeschafft.

Freispruch vor dem Gießener Landgericht

Im hessischen Fulda war Böttcher 1988 erstmals rechtskräftig zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Dieser Richterspruch wurde vom BGH ein Jahr später bestätigt. 1995 ordnete das Oberlandesgericht Frankfurt jedoch die Wiederaufnahme an. Nach dem spektakulären Wiederaufnahmeverfahren sprach das Gießener Landgericht die Frau im April 1997 frei. Die Freilassung hatte aber wegen mangelhafter Bewertung von Zeugenaussagen und einiger Indizien keinen Bestand vor dem Bundesgerichtshof.

Der oberste Strafgerichtshof verwies die Sache im November 1998 an das Landgericht Frankfurt zurück. Die Kammer dort, Vorsitzender Richter war Heinrich Gehrke, sprach am 22. Dezember 1999 das Fuldaer „lebenslang“ neu aus.
 
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