Eine gute Bar

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Uwe1970

Guest
Ihr habt im laufe der Zeit sicher schon einige Bars besucht. Ich auch.
Und vorzugsweise an Wochenenden findet man am Nebentisch immer den Typen vor, der zu hastig 15 Longdrinks mit Gummibärchengeschmack getrunken hat und derart herumlärmt, dass ich die Worte der schönen Frau nicht mehr verstehe, die mich in diese Bar begleitet hat. Ich wollte meine Begleitung kennen lernen, nicht ihn. Er hätte leiser sprechen können und sollen.

Nicht nur gute Gäste auch gute Kellner haben kein Interesse, ihn kennen zu lernen, die wollen ihn nur bedienen, das ist der Unterschied.
Gute Gaststätten verzichten (bis auf ein Minimum) auf musikalische Beschallung. Ein Grund dafür ist, dass Leute wie der Typ am Nebentisch reden und dass das schon laut genug ist.
Im Idealfall ist eine Gaststätte jener großartige Groteskbereich, in dem wir Männer unsere Ruhe und gleichzeitig Gesellschaft haben. So haben wir es gern, so, finden wir, sollten auch unsere Ehen funktionieren – was sie in einigen wenigen Fällen auch tun. Frauen sehen Ehe und eine Gaststättenbesuch anders, wie Ihr wisst, wenn Ihr mal neben einer so genannten Damenrunde gesessen habt und die Wall of Sound über Euch und Euer Roastbeef niederkam.

Eine gute Bar, ein gutes Restaurant bergen Chancen für einen besonders würdigen Abend, aber auch für eine besonders entwürdigende Blamage.
Die Kellner im Schumann´s riechen einen peinlichen Gast schon, wenn er am Odeonsplatz aus dem Taxi steigt. Ich möchte Euch diesen Gast vorstellen, damit Ihr niemals dieser Gast sein werdet.

Dieser Gast hat eine Frau am Arm. Er betritt das Lokal und wartet gar nicht erst, bis ein Mitarbeiter ihm einen Tisch anbietet. Stattdessen setzt er sich an den erstbesten freien Tisch - von dem vor 20 Sekunden grad zwei Herren aufgestanden sind und der zwangsläufig noch nicht abgeräumt worden ist. Er sitzt mit dem Gesicht zur Bar (vielleicht sind ja noch andere tolle Frauen da!), die Dame sitz mit dem Rücken zum Publikum.
Vom Wein bestellt er nun nicht den besten, sondern den teuersten, (Merke: Bei Wein und bei Frauen ist teuer nicht gleichbedeutend mit gut) und auf die Bemerkung des Kellners, man sei eher ein Bar als ein Weinlokal, dröhnt er: „Dann wird es aber höchste Zeit.“ Wichtig ist dem peinlichen Gast, dass er stets alles mit einem Lächeln im Griff hat. Einem coolen Hund wie ihm steht es deshalb auch zu, den Kellner bei jedem Vorbeirauschen am Ärmel zu zupfen und in ein hanebüchenes Gespräch über die Lagerarten von Whiskey zu verstricken, was dumm ausgehen kann. Zum Beispiel, wenn der Kellner dem peinlichen Gast darüber aufklärt, dass ein Whiskey, der Lagavullin heißt, sicher nicht aus Tennessee kommt.

In einer guten Bar, oder in einem guten Restaurant müsst Ihr gar nichts machen. Wirklich Ahnung von Wein oder Whiskey habt Ihr nicht... Ihr wollt aber unbedingt einen Whiskey aus Tennessee? Dann lasst Euch vom Kellner die Sonderedition „Barrel House 1“ aus dem Hause Jack Daniel´s empfehlen. Ihr müsst ansonsten nur dasitzen, nett zu der Dame und den Kellnern sein, Euren Jack Daniel´s trinken und Sinatra zitieren: „Ich bin für alles zu haben, was einen durch die Nacht bringt, sei es ein Gebet, ein Tranquilizer oder eine Flasche Jack Daniel´s.“
Als ich neulich ins Schumann´s kam, sagte der Kellner: „Ich freue mich ganz und gar nicht dich zu sehen. Aber wenn ich mir überlege, wer noch alles hätte reinkommen können, geht´s schon fast wieder.“

Zu Tränen gerührt nahm ich Platz.
 
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