Deutschland sah gestern die bisher beste Castingshow

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Deutschland im X Faktor Fieber, so hoffen zumindest RTL und VOX, und brachten Opernchöre zur Einstimmung und eine vielversprechende Jury, die sich selbst in einem mehr als 5-minütigen Trailer der Superlative vorstellte. Das war der Auftakt zu der aus England stammenden, heiß diskutierten Castingshow X Factor am heutigen Abend.
Aufgelockert wurde die an sich schon recht zwanglos und dennoch phänomenal arrangierte erste Zusammenfassung der Castings durch eingeblendete Regel-Erklärungen und Einzelheiten aus dem Schaffensweg der Jury. Besonders freue ich mich persönlich in einer der kommenden Shows bei den Beratern der Jury auf Kelly Rowland, ehemals Sängerin bei "Destiny's Child".
Von Anthony Thet (30), BWL-Student aus Berlin, den man bereits in Trailern im Internet bewundern konnte, erfolgte dann als Einstand ein sehr guter Vortrag Michael Jackons "Man In The Mirror". In einer an ein Clubkonzert erinnernden Athmosphäre erzeugte gleich der Vortrag des ersten Kandidaten Gänsehautfeeling! Er müsse "definitiv noch an ein paar Sachen arbeiten", aber man sehe ihn sicher wieder, so Till Brönner zu dem vielversprechenden jungen Mann.
Sehr sympathisch stellten sich dann die Zwillinge Alina und Emilia, zusammen "Exotica" und beide 17 Jahre alt, auf der Bühne vor. Sie gaben einen Künstlervertrag für den Wettbewerb auf und brachten Till Brönner gleich noch den Unterschied zwischen jungen und reiferen Leuten bei. Sichtlich amüsiert verfolgte dieser dann den mehr schlecht als recht dargebotenen Song „About A Girl" von den Sugababes. Auch mit dem selbstkomponierten russischen Song konnten die beiden dann nicht unbedingt punkten und wenn es nach Sarah Connor ginge, würden die zu knappen Hosen „mit einem Arschtritt“ belohnt werden und singen könnten sie zudem auch nicht. Weiter kamen sie dann natürlich nicht, obwohl Till Brönner sie für besser als jeden Grand Prix Auftritt befand.
Während der Sendung schreibe ich noch schnell in den Werbepausen kleine Berichte in das X Factor Forum für alle die, die dort Stimmen und Stimmungen erwarten, bevor Sven Merckel 44, Barkeeper aus Hamburg, zu seiner "Süßen"sagt: "Ich werd' ja jetzt Rockstar, alles wird gut". Er entschwindet zu einem sehr guten Auftritt mit „I Wonder Why“ von Curtis Stigers, der von der Jury, genauso wie von seiner Freundin nach dem Heiratsantrag auf der Bühne, mit einem „Ja“ belohnt wird.
Nicht nur gute Stimmen brachten das Publikum bei den Castings zum Staunen, sondern auch ein paar „Schräge Vögel“, wie zum Beispiel die Dame mit dem Robin-Hood-Outfit, einem riesen Teddybär, dessen Mama mit roter Herzchen-Sonnenbrille auftrat, einem bunten Emo mit blauen Lederlack-Haarfärbehandschuhen, dem klassisch gekleideten Caesar, allerdings nicht aus Rom und zu guter Letzt einem, so Sarah Connor, die Wiedergeburt feiernden Alien aus dem All.
Ausgeflippt, laut und lustig, so beschreibt sich dann Pino Severino. Und da war er dann auch endlich, der Moment der ersten Herzschmerzgeschichte mit anrührender Story um seine kranke Mutter. Dabei hatte Pino das gar nicht nötig, denn glücklicherweise hielt "Crazy" von Gnarls Barkley dann das, was der metrosexuelle junge Mann vorher versprochen hatte. Einstimmiges Urteil: "Du weißt genau was du kannst!" Ein Ja der Jury war dann das gerechte Resultat für den guten Auftritt.
Ja und dann waren die drei jungen Damen an der Reihe, die von sich behaupteten, schon den X Factor zu haben. Man müsse noch etwas feilen und arbeiten, aber "Predestination", bestehend aus Prestina (25), Melane (23), Natalie (24) zeigten in einer reifen Leistung, zu was einige Sängerinnen aus Deutschland in der Lage sein können. Überzeugender Auftritt mit glattem Ja der Jury.
Wohingegen Marc Phillips (29), Schauspieler aus Berlin, der sich auf Till Brönner freut und sich "einen Sieg bei X Factor" unbedingt zutraut, nicht so gut davonkam. "Live On Mars" von David Bowie misslang ihm dann so gründlich, dass die Jury ihn am liebsten mitten im Auftritt gestoppt hätte. "Definitiv die freakiest show today", so Sarah Connor und meinte es absolut nicht positiv.Das Aus für den ausgebildeten Mimen wurde mit Geroge Gluecks "bleib ein Schauspieler" komplett.
Mario (29), verheiratet mit 3 Kindern und arbeitslos, leitete seinen Vortrag mit einer gefühlvoll traurigen Selbstdarstellung ein. Die Musik sei nach „seiner Familie das wichtigste in seinem Leben“. Stefan Gwildis ließ ihn mit "Sie Lässt Mich Nicht Los", einem gefühlvollen Blues der Extraklasse, auf der Bühne brillieren. Das Juryurteil fiel dementsprechend positiv aus und Mario weiß nicht unbedingt, wie gut er wirklich ist. Till Brönner wäre es ein "innerliches Bedürfnis", dass Mario in seiner Gruppe den Wettbewerb gewinnt!
Und dann war die Exotic dran. Natsumi Tanaka (22) aus Japan is(s)t gern in Deutschland und findet die deutschen Männer ganz pfiffig. Im Kimono erschien sie vor der Jury und begeisterte sofort das Publikum. Ihre Laufnummer trug sie in einer Klarsichtfolie vor sich her, "weil die Kleidung zu schade sei, um die Nummer dort zu befestigen."
Das japanische Lied sollte ihre Kultur den Deutschen Zuschauern näher bringen und teilweise dann wie ein ungarisches Pop-Volkslied klingend überzeugte der Vortrag auch die Jury, ihr ein Ja zu geben.
Hendrik (19) aus Hamburg sang "Hey There Delilah" von den Plain White T's und verspricht sich durch die Teilnahme bei X Factor mehr Zulauf bei einem ihm vorschwebenden Unplugged-Konzert in der Hamburger Altstadt. Leider kam er über Schulchor-Niveau nicht hinaus, was Sarah jedoch anders sah und sie befleißigte sich stimmgewaltig, ihm (leider) ins Bootcamp zu verhelfen. Meiner Meinung nach das einzige kleine Fehlurteil heute, weil der junge Sänger wohl spätestens nach dem Bootcamp die Heimreise antreten wird.
Nicht so Joanna Philippa Perestrello Lamella (18 ), aus Hamburg, gebürtige Portugiesin. Sie erzählte eine traurige Geschichte von schlechten Menschen, üblem Umfeld und miesem Umgang auf dem Kiez. Sie lebt in Hamburg auf der Reeperbahn und schaffte zum Glück den Ausstieg direkt zu X Factor. Nach ihren Worten „hat Gott ihr diese Stimme gegeben“ und so hörte sich die sehr starke Leistung bei der Performance von "Too Lost In You" von den Sugababes dann auch an. Mit einer emotionalen Unterbrechung mitten im Song brachte sie nicht nur Zuschauer aus ihrem "Fanclub", sondern auch Sarah Connor zum Weinen. Das nenn' ich doch mal gekonnte Dramaturgie.
Alles in allem eine sehr starke erste Leistung von Kandidaten und Fernsehleuten, die den Rummel und die Vorschusslorbeeren ohne weiteres verdient hat. Wenn die Show schon gut war, die Stimmen überragten alles, was in anderen Castings so geboten wird. "Popstars" und auch "DSDS" müssen sich dann wohl warm anziehen! Denn auch die Jury lächelte ihre Kompetenz im Urteil absolut locker in die Kamera. So kann es weiter gehen, dann freuen sich RTL, die Zuschauer und auch wir vom X Factor-Forum über unterhaltsame Abende in den Herbst hinein.(b/h)
 
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